Kündigung und Altersdiskriminierung

Das Diskriminierungsverbot wegen Alters im allgemeinen Gleichbehandlungsrecht findet  prinzipiell auch im Rahmen des Kündigungsschutzes Anwendung. Eine Kündigung, die ein Diskriminierungsverbot verletzt, kann daher sozialwidrig und damit unwirksam sein. Der Berücksichtigung des Lebensalters im Rahmen der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen steht das allgemeine Verbot der Altersdiskriminierung aber nicht entgegen. Die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ist nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsrecht nicht zu beanstanden.

Der Fall: Der im Zeitpunkt der Kündigung 51 Jahre alte Arbeitnehmer war bei seiner Firma seit 1974 als Karosseriefacharbeiter beschäftigt. Die Arbeigeberin ist ein Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie mit ursprünglich über 5.000 Arbeitnehmern. Seit dem Jahre 2004 kam es wegen mangelnder Auslastung zu mehreren Entlassungswellen. Im September 2006 einigte sich die Firma mit ihrem Betriebsrat in einem Interessenausgleich auf die Entlassung von 619 namentlich benannten Arbeitnehmern. Darunter befand sich auch der 51-jährige. Der Auswahl der zu Kündigenden lag eine Punktetabelle zugrunde. Die Tabelle sah Sozialpunkte ua. für das Lebensalter vor. Die Auswahl erfolgte sodann nicht unter allen fachlich vergleichbaren Arbeitnehmern, sondern proportional nach Altersgruppen, die jeweils bis zu zehn Jahrgänge umfassten (bis zum 25., 35., 45. und ab dem 55. Lebensjahr). Der 51-Jährige Arbeitnehmer hat die Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht und sich ua. auf das im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz enthaltene Verbot der Altersdiskriminierung berufen.

Die Entscheidung: Die Klage des Arbeitnehmers blieb vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts – wie schon vor dem Landesarbeitsgericht – ohne Erfolg. In der Zuteilung von Sozialpunkten nach dem Lebensalter und in der Altersgruppenbildung lag zwar nach Ansicht der Richter eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung. Diese war aber gerechtfertigt. Die Zuteilung von Alterspunkten führt mit einer hinnehmbaren Unschärfe zur Berücksichtigung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt und im Zusammenspiel mit den übrigen sozialen Gesichtspunkten (Betriebszugehörigkeit, Unterhalt, Schwerbehinderung) nicht zu einer Überbewertung des Lebensalters. Die Bildung von Altersgruppen wirkt der Überalterung des Betriebs entgegen und relativiert damit zugleich die Bevorzugung älterer Arbeitnehmer.

Fundstelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. November 2008 – 2 AZR 701/07 –

Ähnliche Beiträge

AGG-Entwarnung

Publiziert am unter ,

Die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) am 18.08.2006 wurde überwiegend kritisch betrachtet. Der Bundestag musste verschiedene Gleichbehandlungsrichtlinien der EG in nationales Recht umsetzen. Das neue Antidiskriminierungsrecht wurde zumeist als aufgesetzt und übertrieben empfunden. Vor allem wurde eine Prozesslawine angeblicher Diskriminierungsopfer befürchtet. Nun liegen erste aussagefähige Zahlen vor.Weiterlesen

Kündigung wegen Entzugs einer „betrieblichen Fahrerlaubnis“

In vielen Unternehmen wird aus Gründen der Betriebssicherheit, der Qualitätssicherung und der Lohnstaffelung die Verantwortung für Betriebsteile oder die Betätigung von Maschinen mit einer entsprechenden betrieblichen Fortbildung verknüpft. Das steht dann auch so im Arbeitsvertrag. Die Leistung wird daran gemessen. Es liegt nahe, dieses Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer die Qualitätsanforderungen seiner Fortbildung und des Betriebes objektiv nicht mehr erfüllt. Dieses ist nicht ohne weiteres möglich, meint das BundesarbeitsgerichtWeiterlesen