Nachtdienstuntauglichkeit ist keine Krankheit.

Zur Not müssen Arbeitgeber flexibel handeln.

 

Der Fall:

In einem Krankenhaus mit so genannter Vollversorgung rund um die Uhr herrscht entsprechender Schichtdienst. Nach einem Haustarifvertrag sind die Beschäftigten im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten verpflichtet Schichtarbeit zu leisten , auch Sonntags-, Feiertags-, Nacht –, und Wechselschicht. Ergänzend wurde mit dem Betriebsrat vereinbart, dass das Krankenhaus eine gleichmäßige Planung in Bezug auf Freizeitausgleich, freie Tage, Schichtfolgen und Einsatz der Arbeitszeit anstrebt. Die Frühschicht dauert von 6:00 Uhr bis 14:30 Uhr, die Zwischenschicht von 11:30 Uhr bis 22:00 Uhr, die Spätschicht von 14:00 Uhr bis 22:30 Uhr und die Nachtschicht von 21:45 Uhr bis 6:15 Uhr. Unangenehmes wird gleich verteilt: Die Dienstpläne sollen für alle erforderlichen Mitarbeiter rollieren. Die Schichtfolge im Nachtdienst ist auf max. 3 Nächte beschränkt.

 

Eine fünfzigjährige, langgediente Krankenschwester musste forthin Medikamente einnehmen, die zum Einschlafen führen und einen nächtlichen Schlaf bewirken. Eine betriebsärztliche Untersuchung bestätigte diesen Befund, dass sie keine Nachtdienste mehr leisten kann. Daraufhin schickte das Krankenhaus sie nach Hause mit dem Bemerken, sie sei arbeitsunfähig krank, sie werde die nächsten sechs Wochen Entgeltfortzahlung erhalten und müsse sich danach bei Ihrer Krankenkasse um Krankengeld bemühen.

 

Die Krankenschwester bot dagegen ihre Dienste für alle Schichten außer den Nachtschichten an. Das Krankenhaus beharrte auf dem Standpunkt, man könne sie krankheitsbedingt nicht beschäftigen. Die Krankenschwester hat das Krankenhaus auf Lohnzahlung verklagt und auf Weiterbeschäftigung ohne Arbeitsleistung in den Nachtschichten. Sie obsiegte in allen Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit.

 

Die Entscheidung:

 

Das Bundesarbeitsgericht schließlich stellte sich auf den Standpunkt, es könne dahingestellt sein, ob die Krankenschwester „krank“ sei; das habe ein Arbeitsgericht nicht zu bewerten. Jedenfalls sei sie nicht arbeitsunfähig, wenn sie in allen Schichten vollständig belastbar sei, nur nicht in der Nachtschicht.

 

Die Krankenschwester könne verlangen, dass das Krankenhaus die Dienstpläne so aufstellt, dass für sie keine Nachtdienste anfallen. Es gehe nicht um den Fall einer sogenannten verminderten Arbeitsfähigkeit, welche die an sich zu fordernde volle Leistungsfähigkeit für das Arbeitsverhältnis insgesamt infrage stelle. Die Arbeitsleistung der Krankenschwester sei nicht etwa teilweise unmöglich geworden.

 

Bei einer Abwägung der Interessen des Krankenhauses mit denjenigen der Arbeitnehmerin überwogen die Interessen der Arbeitnehmerin. Es sei dem Krankenhaus zumutbar auf die Arbeitsleistung in den Nachtschichten zu verzichten und verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber anderen Mitarbeitern, welche ihre Nachtdienste tauschen dürfen. Nicht akzeptabel sei dagegen der krankheitsbedingte Totalverlust des Arbeitsplatzes für die Krankenschwester, welche auf eine Betriebszugehörigkeit von fast 30 Jahren mit bisher stetigen Wechselschichten in einer Siebentagewoche zurückblicken konnte.

 

Bundesarbeitsgericht 9. April 2014 (10 AZR 637-13)

Ähnliche Beiträge

Verwirkung von mobbing

Publiziert am unter ,

Häufig werden in Arbeitsverträgen sogenannte Ausschlussfristen vereinbart. Bei einer einstufigen Ausschlussfrist müssen innerhalb einer kurzen Frist (mindestens jedoch drei Monate) alle Restansprüche geltend gemacht werden. Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist müssen diese Ansprüche binnen einer weiteren Frist (wieder mindestens drei Monate) nach Ablehnung oder nach Ablauf der ersten Frist gerichtlich anhängig sein.

Für den Fall sogenannten mobbings gelten Ausschlussfristen aber nur bedingt.Weiterlesen

GmbH-Geschäftsführer und Sozialversicherungspflicht

Publiziert am unter ,

Geschäftsführer einer GmbH sind keine Arbeitnehmer, sondern sie üben im Unternehmen die Arbeitgeberfunktionen aus. Als Organ sind sie der Arbeitgeber in Person. Das Arbeitsrecht ist auf Geschäftsführer deswegen nicht anwendbar. Trotzdem können sie wie ein Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig sein, sodass das Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken- Renten- Arbeitslosen- Pflegeversicherung abführen muss.Weiterlesen