Betriebsversammlung: Wer bestimmt den Ort?

Für die Betriebsversammlungen hat der Arbeitgeber die Räume zur Verfügung zu stellen. Gibt es Streit mit dem Betriebsrat über etwa gleich geeignete Räume, entscheidet der Arbeitgeber.

Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte am 12. Juni 2012 über eine Streitfrage zu entscheiden, welche in der arbeitsrechtlichen Literatur unterschiedlich beantwortet wird. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Information – und Kommunikationstechnik sowie gegebenenfalls Büropersonal zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Im Einzelfall können sich Betriebsrat und Arbeitgeber aber darüber streiten, was erforderlich ist.

Der Fall:

Seit seiner Wahl im Frühjahr 2007 führte ein Betriebsrat seine regelmäßigen vierteljährlichen Betriebsversammlungen in einer Lagerhalle durch. Für eine weitere Betriebsvereinbarung wollte der Arbeitgeber die Kantine zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat meinte, die Pfeiler in der Kantine würden die Sicht der Teilnehmer einschränken und es werde enger und heisser. Das automatische Verdunkelungssystem der großen Glasfronten könnte sich deswegen einschalten. Die Klimaanlage erschwere das Zuhören. Der Arbeitgeber stellte sich auf den Standpunkt auf der Gesamtfläche der Kantine von mehr als 225 m² könnten 336 Stühle gestellt werden. In der Lagerhalle seien immer 320 Stühle aufgestellt worden. Der Zeitaufwand für das Räumen und den Wiederaufbau der Stühle in der Lagerhalle betrage etwa 7 h und die Lagerhalle erfülle nicht die gleichen baulichen Sicherheitsvorschriften für derartige Personenansammlungen wie die Kantine.

Die Entscheidung:

In der juristischen Literatur wird zu einem solchen Streit fast jede Auffassung vertreten. Es gibt sowohl die Meinung, dass nur der Arbeitgeber bestimmt, welcher Raum zur Verfügung gestellt wird, als auch diejenige, dass nur der Betriebsrat über den Ort der Versammlung entscheidet, wenn mehrere Räume zur Verfügung stehen. Andere Meinungen vermitteln: Der Arbeitgeber entscheide zwar über den Raum, allerdings sei das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten.

Das Hessische Landesarbeitsgericht stellt darauf ab, dass der Arbeitgeber als Eigentümer der Produktionsmittel darüber zu entscheiden habe welche Räume des Betriebes wann, von wem und zu welchem Zweck genutzt werden. Der Arbeitgeber habe unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange grundsätzlich die freie Wahl hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Räume. Hieraus folge, dass der Arbeitgeber berechtigt ist dem Betriebsrat andere Räume als die bisher genutzten zur Verfügung zu stellen, wenn diese ebenfalls den konkreten Erfordernissen des Betriebsrats genügen.

Unser Kommentar:

In der Praxis sind Rechtsstreite dieser Art vermeidbar. Die Grundsatzentscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts für den Arbeitgeber ist zwar akzeptabel, hilft bei rechthaberischen Betriebsparteien aber nicht. Rechtsstreite kann man detaillreich auch noch mit Behauptungen führen, ob Raum A oder Raum B geeigneter oder angemessener ist. Im vorliegenden Fall fragt es sich, ob der Betriebsrat überhaupt ein Rechtschutzbedürfnis hatte. Das Problem, ob Lagerhalle oder Kantine geeigneter sei, war wohl eher die Frage eines Machtkampfes und für die betroffenen Arbeitnehmer weder hilfreich noch zielführend.

 

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