Formularmässiger Verzicht auf Kündigungsschutzklage

Wäre es wirksam, wenn eine Arbeitnehmerin auf dem Kündigungsschreiben folgendes unterschreibt :„Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.“?

Bei dem Drogerieunternehmen Sch. wurde am 16. April 2004 festgestellt, dass die Tageseinnahmen der beiden letzten Tage aus dem Tresor verschwunden waren. Nachdem eine mehrstündige Befragung von drei Mitarbeiterinnen, die in der fraglichen Zeit den Tresorschlüssel in Besitz hatten, den Tathergang letztlich nicht mit Sicherheit aufgeklärt hatte, kündigte Firma Sch. allen drei Mitarbeiterinnen wegen Verdachts einer Straftat fristlos. Den Mitarbeiterinnen wurde die Kündigung auf einem Formular erklärt, in dem es im Anschluss an die Kündigungstext heißt: „Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.“

Eine Mitarbeiterin hatte zwar unterschrieben aber bestritten, für das Verschwinden der Tageseinnahmen verantwortlich zu sein und trotzdem Kündigungsschutzklage erhoben. Das Drogerieunternehmen hat die Auffassung vertreten, der Klageverzicht sei wirksam. Der Firma sei außerdem nicht zuzumuten, mit jeder der drei Mitarbeiterinnen, von denen eine die Gelder entwendet haben müsse, weiter zusammen zu arbeiten.

Das Arbeitsgericht hielt den Klageverzicht der Kassiererin zunächst für wirksam; sie konnte also nicht mehr klagen und das Arbeitsverhältnis hatte demnach fristlos geendet. Das Landesarbeitsgericht aber hat dieses anders gesehen und Kündigung wieder für unwirksam erklärt. Die Revision des Drogerieunternehmens dagegen am Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos. Das höchste Arbeitsgericht hält einen solchen Klageverzicht auch für unwirksam. Für eine Kündigung wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung der Kassiererin lagen ausserdem nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine hinreichenden Gründe vor.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind formularmässige Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an eine Arbeitgeberkündigung ohne Gegenleistung in einem ihm vom Arbeitgeber vorgelegten Formular auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Durch einen solchen Klageverzicht wird von der gesetzlichen Regelung des § 4 Satz 1 KSchG abgewichen. Ohne Gegenleistung benachteiligt ein solcher formularmäßiger Verzicht den Arbeitnehmer unangemessen. Ein Klageverzicht müsste also gesondert vereinbart und besser noch mit einer Abfindungszahlung verbunden werden.

Ähnliche Beiträge

Kein doppeltes Spiel bei betriebsbedingten Abfindungen

Publiziert am unter ,

Bei betriebsbedingten Kündigungen kann der Arbeitgeber seine Rechtsunsicherheit von Vornherein vermeiden, wenn er dem Arbeitnehmer zugleich eine Abfindung zusagt, falls er nicht innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhebt. Die gesetzliche Höhe der Abfindung muss dabei eingehalten werden. Ungeklärt war die Befürchtung, ob der Abfindungsanspruch wieder auflebt, wenn der Arbeitnehmer „pokert“ und vorsichtshalber eine Kündigungsschutzklage erhebt, die aber wieder zurücknimmt, sobald er merkt, dass der Arbeitgeber auch in der Lage wäre, die Kündigung prozessual ohne Abfindungszahlung durchzusetzen. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt ein solches Optionsrecht der Arbeitnehmer verneint.Weiterlesen