Zweitarbeitsverhältnis kann nichtig sein.

Die gesetzlich erlaubte Höchstdauer der Arbeitszeit darf insgesamt nicht überschritten werden.

Der Fall:

Ein Techniker wurde in seiner Gemeinde seit 20 Jahren als Wasserwart beschäftigt. Er wurde eingesetzt, um in Eil – und Notfällen bei Defekten der Wasserleitungen kurzfristig tätig zu werden. Zusätzlich oblagen ihm Überwachungsaufgaben. Als Hauptarbeitsverhältnis ist er in einem Metallbetrieb tätig, in dem zuletzt 40 Wochenstunden verlangt und realisiert werden. Das Arbeitsgericht ermittelte eine Arbeitszeit bei der Nebenbeschäftigung von 13,6 Wochenstunden, insgesamt also 53, 6 Wochenstunden Arbeitszeit.

Auf Weisung der Kommunalaufsicht hat die Gemeinde das Arbeitsverhältnis ausserordentlich gekündigt. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer erfolglos auf dem Gerichtsweg.

 

Die Entscheidung:

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann bis auf 10 Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen.

Führt der Abschluss eines zweiten Arbeitsvertrages mit einem zweiten Arbeitgeber dazu, dass der Arbeitnehmer die regelmäßige höchste wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschreitet, hat dieses grundsätzlich die Nichtigkeit des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages zur Folge. Wer also schon einen 40 Std./Woche-Arbeitsvertrag bei einer Fünf-Tage-Woche hat, darf nur noch weitere 8 Std./Woche an einem weiteren Werktag beschäftigt werden.

Es gilt das Prioritätsprinzip: Der zeitlich gesehen zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag ist nichtig. Aus einem nichtigen Arbeitsvertrag lassen sich keine Lohnansprüche unmittelbar herleiten.

Der Fortbestand des zweiten Arbeitsvertrages unter geltungserhaltender Reduktion auf das gesetzlich noch zulässige Maß kommt nur dann in Betracht, wenn sich insoweit eindeutig ein hypothetischer übereinstimmender Wille beider Vertragsparteien dokumentiert oder bezeugt ist.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Technikers gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen wurde vom Bundesarbeitsgericht verworfen. Die Entscheidungen sind also rechtskräftig. Die ausserordentliche Kündigung des Zweitvertrages war rechtens.

 

Der Kommentar:

Nach den Feststellungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin arbeiten ca. 17 % aller Beschäftigten in Deutschland in “überlanger Vollzeit“ mit mehr als 48 Stunden in der Woche (Arbeitszeit-Report 2016, Seite 25). Damit wird die wöchentliche Obergrenze massenhaft überschritten.

Das Überschreiten der Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz ist für die beteiligten Arbeitgeber riskant, weil beiden (!!) Bußgelder, Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen drohen.

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt, Beschäftigte zu verpflichten, den Umfang von Nebentätigkeiten offenzulegen und auch bei späteren Veränderungen diese Informationen zu aktualisieren. Dies bewirkt sowohl eine Informationspflicht des Arbeitnehmers, als auch ein Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung, dessen Beantwortung dokumentiert werden sollte. Es ist also dringend ratsam, in Arbeitsverträgen eine Erklärung des Arbeitnehmers aufzunehmen, dass keine Nebenbeschäftigung vorliegt oder ggf. gemeldet wird, welche den Höchstrahmen der Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz überschreitet oder etwa sonstwie konkurrierend wäre.

 

Landesarbeitsgericht Nürnberg 7 Sa 11/19

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