Diskriminierung trotz guten Zeugnisses

Begründet ein Arbeitgeber seine Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer, so muss die Auskunft zutreffen. Ist sie dagegen nachweislich falsch oder steht sie im Widerspruch zum Verhalten des Arbeitgebers, so kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung bedeuten.

Der Fall:

Eine türkischstämmige Arbeitnehmerin wurde von einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung befristet eingestellt. Etwa vier Monate vor dem Befristungsende teilte die Arbeitgeberin mit, dass sie eine Verlängerung der Befristung oder Entfristung des Arbeitsverhältnisses nicht beabsichtige. Schon ziemlich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses beanstandete der Vorgesetzte der Arbeitnehmerin verschiedene Leistungsmängel. Mit denen begründete die Arbeitgeberin auch, dass sie das Arbeitsverhältnis nicht über die Befristung hinaus fortsetzen wolle. Bei der Besetzung neu ausgeschriebener unbefristeter Arbeitsplätze hatte die Arbeitgeberin andere Arbeitnehmer bevorzugt. Im Arbeitszeugnis der türkischstämmigen Arbeitnehmerin stand hingegen: „Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben selbstständig, sicher, termingerecht und zu unserer vollsten Zufriedenheit“.

Die türkischstämmige Arbeitnehmerin hielt die Übergehung ihrer Person bei der Auswahl der unbefristeten Beschäftigungen für eine ethnische und religiöse Diskriminierung. Sie beanspruchte von der Arbeitgeberin eine Entschädigung in Höhe von 5000 € und einen Schadensersatz in Höhe von 5941,50 € brutto für den Lohnausfall zwischen dem Befristungsende und dem Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz sprach der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 2500 € zu und den Lohnausfallschaden in voller Höhe. Es stellte dabei im wesentlichen darauf ab, dass die Besetzungen der freigewordenen Stellen während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses durch andere Arbeitnehmer Indizien für eine Diskriminierung bilden. Das Argument der Arbeitgeberin wirkte nicht, sie beschäftige in allen Bezirksverwaltungen Mitarbeiter ausländischer Herkunft aus 13 verschiedenen Nationen und sie habe in allen Einzelfällen von Beförderungen sachgerecht und leistungsbezogen entschieden.

Die Arbeitgeberin legte am Bundesarbeitsgericht Revision ein. Das Bundesarbeitsgericht meinte, die Begründung des Landesarbeitsgerichts sei zu schmal. Das Landesarbeitsgericht müsse darüber hinaus aufklären, ob die von der Arbeitgeberin erteilten Auskünfte über ihre Gründe für die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses Indizwirkung für eine Diskriminierung haben, weil sie möglicherweise im Widerspruch zum sonstigen Verhalten stehen. Dabei müsse insbesondere geprüft werden, ob entweder das erteilte Zeugnis falsch ist oder die Begründung, eine Entfristung sei wegen der Leistungsmängel der Klägerin im Gegensatz zu den Leistungen der beförderten Arbeitnehmer nicht möglich gewesen. Das Landesarbeitsgericht muss hier noch nachbessern.

Unser Kommentar:

Die Chancen der Arbeitgeberin stehen schlecht. Gerichtliche Entscheidungen darüber sind selten, ob eine Zeugnisaussage so verbindlich wirkt, dass sie Schadensersatzansprüche auslöst. In der Regel wird von Rechtsanwälten zur Erledigung von Rechtsstreiten zu großzügigen Zeugnisformulierungen geraten. Scheidenden soll man nichts Böses hinterher sagen. Dieses scheint aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im hier geschilderten Fall zumindest dann kritisch zu sein, wenn das Zeugnis sich über ein befristetes Arbeitsverhältnisses erstreckt und die Möglichkeit besteht, dass der Arbeitnehmer Betroffener im Sinne des Diskriminierungsrechts sein könnte (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität). Gelingt es ihm nämlich, die Besetzung anderer unbefristeter Arbeitsplätze während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses zu beweisen, kann sich der Arbeitgeber kaum darauf berufen, es läge keine Benachteiligung vor, weil der befristet beschäftigte Arbeitnehmer ungeeignet sei, wenn der Zeugnistext dazu im Widerspruch steht. Arbeitgeber müssen sich widerspruchsfrei verhalten. Arbeitnehmer sollten darauf achten, ob ihr Befristungsende im Widerspruch zur sonstigen Einstellungs- und Beförderungspraxis des Betriebes und zum eigenen Zeugnistext steht.

 

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