Fristlose Kündigung trotz Ende in Sicht und Freistellung

Eine fristlose Kündigung ist nur dann möglich wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses faktisch so unzumutbar wird dass die Kündigungsfrist nicht abgewartet werden kann. Meistens kommt es auf die Wiederholungsgefahr an, aber auch ganz grobe einmalige Vertragsverletzungen ohne Wiederholungsmöglichkeit können ausreichen.

Eigentlich ist eine fristlose Kündigung nach einer vereinbarten Freistellung nur schwer denkbar. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses wird der Arbeitnehmer zumeist von der Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden. Im Übrigen bleibt der Arbeitsvertrag aber erhalten, besonders die Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers und die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers. Im Falle einer schwerwiegenden Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten kommt deswegen auch bei einem von der Arbeitspflicht bis zum vereinbarten Beendigungstermin freigestellten Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung in Betracht, hat das Hessische Landesarbeitsgericht im Urteil vom 29.August 2011 positiv entschieden, selbst wenn das Ende sowieso schon absehbar ist.

Der Fall:

Ein 36-jähriger, verheirateter Firmenkundenbetreuer war seit Oktober 2008 bei einer Bank aus Düsseldorf in Frankfurt tätig, seit April 2009 mit Prokura. Am 16. Juni 2010 vereinbarten die Parteien die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 und die Freistellung des Firmenkundenbetreuers ab 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010 bei Fortzahlung der Bezüge.
Am 29./30. Juni 2010 übermittelte der Arbeitnehmer insgesamt 94 E-mails mit  ca. 622 MB in 1660 Dateianhängen an sein privates E-Mail Postfach bei gmx.de. Dabei handelte es sich überwiegend um Daten, die dem Bankgeheimnis unterliegen, darunter Daten der vom Arbeitnehmer betreuten Kunden; Dokumente, in denen die einem Unternehmen eingeräumten Kreditlinien und in Anspruch genommenen Kredite aufgelistet werden; Risikoanalysen für diverse Unternehmen, Kreditverträge u.ä.
Hiervon erfuhr die Bank  am 7. Juli 2010 durch ihre Datenschutzkommission. Am 20. Juli 2010 kündigte sie das Restarbeitsverhältnis fristlos.

Die Entscheidung:

Der Firmenkundenbetreuer hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das Hessische Landesarbeitsgericht hingegen hat das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht gewesen, der Arbeitnehmer habe eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen, welche die fristlose Kündigung ausnahmsweise in einem tatsächlich nicht mehr vollzogen Arbeitsverhältnis rechtfertige. Zwar komme es zur Begründung einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhält¬nisses regelmäßig auf die Prognose zukünftigen Verhaltens an. Hier stehe die fehlende Wieder¬holungsgefahr aber nicht entgegen. Der Arbeitnehmer habe das in ihn gesetzte Vertrauen durch die Mitnahme geheim zu haltender Bankdaten so schwer erschüttert, dass das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis und die Fortzahlung der Bezüge bis Dezember 2010 nicht mehr zumutbar seien. Das Fehlverhalten des Klägers habe ein nahezu gleich großes Gewicht wie eine strafbare Handlung zulasten des Arbeitgebers.

Die Einlassung Firmenkundenbetreuers, er habe die Daten auf seinem Rechner nicht an Dritte weitergeben wollen und sie während der Zeit der Freistellung nur zu Trainingszwecken verwenden wollen, wertete das Hessische Landesarbeitsgericht als unbeachtliche Schutzbehauptung.

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