Neufassung der EU-Arbeitszeitrichtlinie
Vladimír Špidla, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, spricht von mehr „Flexicurity“. Unter der slowenischen Ratspräsidentschaft haben die EU-Arbeitsminister am 10.6.2008 über eine Neubearbeitung der EU-Richtlinie zur Arbeitszeit entschieden. Jetzt ist das Europäische Parlament gefragt. Beim Bereitschaftsdienst wird zwischen aktiven und inaktiven Zeiten unterschieden; der aktive Bereitschaftsdienst ist als Arbeitszeit zu zählen.
Die Richtlinie, mit der die Richtlinie zur Arbeitszeit (2003/88/EG) geändert wird, liegt seit 2005 auf dem Tisch. Viele Mitgliedstaaten erfüllen die Rechtsvorschrift nicht im Sinne der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof. Nach diesen Urteilen ist aktiver und inaktiver Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anzusehen. Der neue Text bietet außerdem einen merklich besseren Schutz für Arbeitnehmer, die sich für eine Ausnahme von der normalen wöchentlichen Höchstarbeitszeit entscheiden. Schließlich wird in dem neuen Text wieder auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben verwiesen.
Folgende Neuregelungen sollen nach dem Willen der EU-Arbeitsminister angestrebt werden:
- inaktiver Bereitschaftsdienst darf nicht als Ruhezeit gewertet werden; er kann als Arbeitszeit gezählt werden, sofern dies den nationalen Rechtsvorschriften entspricht bzw. die Sozialpartner zustimmen;
- die normale Höchstarbeitszeit bleibt bei 48 Stunden pro Woche, es sei denn, ein Arbeitnehmer entscheidet sich für eine Ausnahme von dieser Regelung (Opt-out);
- neue Obergrenze zum Schutz der Arbeitnehmer, die sich für ein Opt-out entscheiden: maximal 60 Wochenstunden, wenn die Sozialpartner nichts anderes entscheiden;
- neue Obergrenze für Arbeitnehmer, die sich für ein Opt-out entscheiden, sofern inaktive Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gezählt wird: maximal 65 Wochenstunden;
- durch die Obergrenze werden alle Arbeitnehmer geschützt, die über einen Zeitraum von mehr als 10 Wochen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind;
- die Möglichkeit des „Opt-out“, also der Ausnahme von der normalen wöchentlichen Höchstarbeitszeit, besteht nur unter bestimmten Bedingungen, wie z. B.: keine Vertragsunterzeichnung während des ersten Monats der Beschäftigung, keine Benachteiligung aufgrund der Verweigerung bzw. des Widerrufs eines „Opt-out”, Buchführung durch den Arbeitgeber über die Stunden, die von Arbeitnehmern geleistet wurden, die sich für ein solches Opt-out entschieden haben.
Der deutsche Bundesarbeitsminister erklärte allerdings, dass das deutsche Arbeitsrecht von der Neugestaltung der EU-Richtlinie nicht mehr betroffen ist, weil die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes schon in der letzten Novellierung des Arbeitszeitgesetzes berücksichtigt worden sei.