Tantiemen und ihre Verwässerung

Die vertragliche Koppelung der Tantieme an die Aktiendividende (“Die Höhe ist von der Dividende pro ausgegebener Aktie abhängig“) erstreckt sich nicht über effektive Kapitalerhöhungen.

Der Fall:

Ein Bankdirektor einer deutschen Großbank erhielt ständig eine Tantieme, deren Höhe von der Dividende pro ausgegebener Aktie abhängig war. Die letzte entsprechende Vereinbarung war 1999. Er sollte eine Tantieme in Höhe von 1% der zur Ausschüttung beschlossen Dividende erhalten. Im Geschäftsjahr 2010 erhöhte die Bank die Aktien um 74,4 %. 2011 trat der Angestellte in den Ruhestand. Entsprechend forderte er eine weitere Tantieme i.H.v. 23.172,62 €. Er berief sich dabei auf eine Regelung im Aktiengesetz (§ 216 Abs. 3 AktG), den sogenannten Verwässerungsausgleich. Damit sollen Geschäftspartner der Aktiengesellschaft durch Kapitalerhöhungen wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden, wenn die Geschäftsbeziehung von der Gewinnausschüttung der Gesellschaft, dem Wert oder Nennbetrag der Aktien oder des Grundkapitals abhängt. Der Bankdirektor meinte, dieses sei eine allgemeingültige Regel, welche sich auch auf seine Tantiemevereinbarung erstrecke.

Die Bank stellte sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, dass die aktienrechtliche Norm generell nur sogenannte nominelle Kapitalerhöhungen erfasse, also wenn die Kapitalgesellschaft aus ihrem erwirtschafteten Gewinn das Kapital erhöhe. In der Regel geschieht das durch Emissionen von Gratisaktien an die Aktionäre. In diesen Fällen ist es logisch, dass die Dividende prozentual sinkt, weil das dividendenberechtigte Kapital steigt. Davor müsse der dividendenabhängige Anspruchsinhaber gesetzlich geschützt werden. Generieren die Aktiengesellschaften hingegen eine effektive Kapitalerhöhung, etwa durch Beschaffung frischen Kapitals an der Börse, gelte der Verwässerungsschutz für dividendenbezogene Tantiemeansprüche nicht. Die Inhaber von Ansprüchen mit Dividendenjunktim müssten in den Fällen einer externen Kapitalerhöhung nicht geschützt werden, weil sie diesen Fällen an einer tendenziell besseren Ertragslage teilnehmen, ohne dass ihre Rechte beeinträchtigt wären. Externe Kapitalerhöhungen seien vergleichbar mit einer zum Grundkapital überproportionalen Ertragssteigerung. Die Auffassung der Bank wird auch überwiegend von der aktienrechtlichen Literatur geteilt und der Verwässerungsausgleich nur auf die Fälle nomineller Kapitalerhöhungen beschränkt.

Die Entscheidung:

Der Bankdirektor obsiegte am Arbeitsgericht Frankfurt, unterlag in dieser Sache aber am Hessischen Landesarbeitsgericht und schließlich war seine Revision am Bundesarbeitsgericht auch erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hielt in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2018 die Anwendung der aktienrechtlichen Schutznorm auf Fälle der effektiven Kapitalerhöhung, nur darum ging es sachlich im Jahr 2010, für unanwendbar.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juni 2018, Az. 10 AZR 295/17 (PM 37/18)

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