Lohnwucher

Wann beginnt Lohnwucher? Wann ist das Verhältnis von Arbeitsleistung zum Lohn so missbräuchlich, dass der Lohn an objektive Verhältnisse angepasst und nachgezahlt werden muss? Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht im Unterschied zu den Vorinstanzen anders beurteilt.

Der Fall:

Eine Arbeitnehmerin war seit 1992 in einem Gartenbaubetrieb bei Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von 6,00 DM netto, ab 1. Januar 2002 3,25 Euro netto. Ein Tarifvertrag ist auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Mit ihrer Klage verlangte die Arbeitnehmerin für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 unter dem Gesichtspunkt des Lohnwuchers eine Nachzahlung von knapp 37.000,00 Euro auf der Basis der tariflichen Vergütung, als wenn beide Parteien taifgebunden wären.  Der tarifliche Stundenlohn betrug insoweit zwischen 14,77 DM brutto und 7,84 Euro brutto. Die Arbeitnehmerin arbeitete monatlich bis zu 352 Stunden.

Die Klage der Arbeitnehmerin war in den Vorinstanzen unter Berücksichtigung der eingeräumten Sachleistungen, insbesondere einer Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände, erfolglos. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aber hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat grundsätzlich ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht. Maßgebend ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrags danach nicht zu beanstandende Vergütung kann durch die spätere Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.

Selbst unter Einbeziehung der Sachbezüge betrug die gezahlte Stundenvergütung im geltend gemachten Zeitraum weniger als 2/3 der tariflichen Stundenvergütung. Die Gesamtumstände, insbesondere die gesetzwidrig hohen und zudem unregelmäßigen Arbeitszeiten verdeutlichen die Ausbeutung der Arbeitnehmerin. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht weder die Üblichkeit des Lohns in den Gartenbaubetrieben der Region noch die Kenntnis des Arbeitgebers vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen ergänzend in seine Abwägung eingestellt. Das ist in der neuen Verhandlung nachzuholen.

Ähnliche Beiträge

Personalgespräche nicht immer verpflichtend

Publiziert am unter ,

Konflikte im Betrieb werden in der Regel zunächst mit einem Personalgespräch bereinigt. Die Teilnahme daran gehört zur Arbeitsleistung und ist Arbeitszeit. Geht es aber um das Einverständnis zur Änderung oder gar zur Beendigung des Arbeitsvertrages, empfinden viele Arbeitnehmer solche Gespräche eher als Nötigungslage. Diese Gespräche unterliegen nicht der Arbeitspflicht, meint das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23.06.2009.Weiterlesen