Rechtsschutzversichert nach blosser Kündigungsandrohung

Eine erhebliche Ausweitung des Kostenschutzes für rechtsschutzversicherte Arbeitnehmer hat sich durch die Entscheidung des BGH vom 19.11.2008 ergeben. Ein alter Streitpunkt in der Arbeitsrechtspraxis wurde nun höchstrichterlich entschieden.

Eine Arbeitgeberin teilte ihrem Arbeitnehmer mit, dass aufgrund eines „Restrukturierungsprogrammes“ und „der damit verbundenen Stellenreduzierung“ beabsichtigt sei, ihm zu kündigen, falls er nicht einen ihm angebotenen Aufhebungsvertrag annehme.

Die vom Arbeitnehmer daraufhin beauftragten Rechtsanwälte wandten sich gegen das Vorgehen seines Arbeitgebers. Eine Kostenübernahme dafür lehnte der Rechtsschutzversicherer ab.

Er ist der Auffassung, dass ein Versicherungsfall nicht eingetreten sei, da noch kein Rechtsverstoß vorliege. Das bloße Inaussichtstellen einer Kündigung begründe als reine Absichtserklärung  noch keine Veränderung der Rechtsposition des Arbeitnehmers. Dementsprechend stünde ihm auch ein Rechtsbehelf dagegen nicht zur Verfügung. Dies sei allein bei einer unberechtigt erklärten Kündigung möglich. Das Aufhebungsangebot habe sich noch nicht aus dem Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags zwischen den Parteien bewegt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.11.2008 zu Az. IV ZR 305/07 die Revision des Rechtsschutzversicherers zurückgewiesen und damit die Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt.

Nach seit langem gefestigter, nicht umstrittener Rechtsprechung erfordert die Annahme eines Rechtsschutzfalles ein Vorbringen des Versicherungsnehmers mit objektivem Tatsachenkern, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes aufstellt und auf den er seine Interessenverfolgung stützt. Diese Grundsätze gelten auch für die Androhung einer Kündigung des Arbeitgebers. Im zu entscheidenden Fall ist der Bundesgerichtshof vom Eintritt eines Rechtsschutzfalles ausgegangen.

Der klagende Arbeitnehmer hatte dem Gericht ein tatsächliches Geschehen aufgezeigt, mit dem er den Vorwurf eines Rechtsverstoßes durch seine Arbeitgeberin verbunden hatte: Sie habe ihm einen Aufhebungsvertrag angeboten und im Falle der Nichtannahme eine betriebsbedingte Kündigung angedroht. Später hatte sie mitgeteilt, dass er von der geplanten Stellenreduzierung betroffen sei. Angaben zur Sozialauswahl wurden aber verweigert und zugleich ein befristetes Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages unterbreitet. An der Ernsthaftigkeit, das Arbeitsverhältnis auf diese Weise auf jeden Fall beenden und nicht etwa nur vorbereitende Gespräche über Möglichkeiten von betrieblich bedingten Stellenreduzierungen und deren etwaigen Umsetzungen führen zu wollen, bestand nach diesen Behauptungen kein Zweifel. Auf diese Tatsachen hatte der Arbeitnehmer den Vorwurf gegründet, die Arbeitgeberin habe ihre Fürsorgepflicht verletzt und damit eine Vertragsverletzung begangen, sie habe eine Kündigung  ohne Auskunft über die Sozialauswahl  in Aussicht gestellt. Schon mit diesem Verhalten der Arbeitnehmerin begann sich die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr zu verwirklichen; der Rechtsschutzfall war damit eingetreten.

siehe auch:

https://www.arbeitsadvo.de/2007/02/21/rechtsschutzversicherung-beim-aufhebungsvertrag/

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Publiziert am unter ,

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