Ausbildungsdarlehen

Ein häufiger Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern rankt sich um die Frage, ob und inwieweit der Arbeitnehmer Ausbildungskosten erstatten muss, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigt. Selbstverständlich kann es dabei nur um solche Ausbildungskosten gehen, die ausserhalb des normalen Betriebes und zur Erhöhung der allgemeinen Qualifikation des Arbeitnehmers aufgewendet wurden.

Einweisungskosten auf den Arbeitsplatz kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht in Rechnung stellen. Zudem hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die vom Arbeitgeber darlehnsweise gewährten Ausbildungskosten zeitlich nur beschränkt zurückgefordert werden können. Eine überlange Bindung des Arbeitnehmers darf nach der Ausbildung nicht entstehen. Er muss das Darlehen in angemessener Zeit „abarbeiten“ können. Jetzt hat sich das Bundesarbeitsgericht wieder mit dieser Frage unter einem neuen Aspekt beschäftigt: Welche Bedingungen muss der Darlehensvertrag inhaltlich erfüllen?

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung bei seinem Arbeitgeber zum Sozialversicherungsfachwirt schloss ein Arbeitnehmer ein Studium „Gesundheitsökonomie im Praxisverbund“ an. Zur Förderung des Studiums schlossen die Parteien einen „Volontariatsvertrag“. Danach erhielt der Arbeitnehmer als Darlehen der Firma für die restliche Zeit des Studiums einen monatlichen Betrag in Höhe der Vergütung eines Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr sowie einen monatlichen Mietzuschuss in Höhe von 190,00 Euro. Die Gesamtdarlehenssumme sollte in 60 gleichen Monatsraten durch eine Anschlusstätigkeit im alten Betrieb nach erfolgreichem Studienabschluss abgebaut werden. Nachdem das Studium erfolgreich beendet worden war, bot die Arbeitgeberin wieder eine Tätigkeit mit der Vergütung eines Sozialversicherungsfachwirts an. Das lehnte der Arbeitnehmer ab. Die Firma verlangte deswegen die Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 23.921,85 Euro.

Die Firma hatte keinen Erfolg. Sie hat nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts keinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Darlehens. Die fünfjährige Bindung durch sechzig Monatsraten war hier nicht das entscheidende Problem, sondern der Text der Vereinbarung. Die Darlehensvereinbarung verletzte das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligte den Arbeitnehmer unangemessen. Sie war nicht klar und verständlich. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender vorformulierter Vertragsbedingungen verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und verständlich darzustellen. Unklar geblieben war, ob überhaupt und – wenn ja – mit welcher Tätigkeit und Vergütung der Arbeitnehmer wieder eingestellt werden sollte. Eine derartig lückenhafte Vertragsgestaltung, so höchstrichterlich das Bundesarbeitsgericht, eröffnet dem Arbeitgeber ungerechtfertigt weitgehende Entscheidungsspielräume und deren Auswirkungen sind dann für den Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar.

Kommentar: Vor der Vereinbarung von Ausbildungsdarlehen sollten Arbeitgeber den Vertragstext und den Vertragsinhalt anwaltlich überprüfen lassen. Es ist wichtig, dass ein unbefangener professioneller Dritter noch einmal „drüberschaut“, ob die Bindungsdauer im Verhältnis zur Ausbildungsleistung angemessen ist und ob der Darlehensvertrag hinreichend verständlich wirkt und ob der Arbeitnehmer auf alle Konsequenzen richtig und umfassend hingewiesen wurde.

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