Schäden am Arbeitnehmerfahrzeug bei Dienstfahrten

Mit der Risikozuordnung eines Unfallschadens an dem vom Arbeitnehmer eingebrachten eigenen PKW für eine Dienstfahrt hat sich das Bundesarbeitsgericht erneut befasst.

Eine Arbeitnehmerin hatte für ihre Dienstfahrten zu den Kunden mit Wissen des Arbeitgebers stets ihren eigenen PKW genutzt. Zuletzt handelte es sich um ein Fahrzeug, dass erst einen Monat vorher gebraucht gekauft worden war. Im Kaufvertrag hatte der Händler der Arbeitnehmerin die Fahrbereitschaft für den öffentlichen Verkehr zugesichert. Gleichwohl war das Fahrzeug defekt. Ein stark verkehrsuntauglicher poröser Reifen platzte und neben Drittschäden erlitt auch der Gebrauchtwagen einen Totalverlust. Die Arbeitnehmerin forderte vom Arbeitgeber den Ersatz für ihr Fahrzeug. Ansprüche an den Gebrauchtwagenhändler wollte sie ihm gern abtreten.

Wie schon früher hat sich das Bundesarbeitsgericht auf den Standpunkt gestellt:

  • Es ist immer eine Dienstfahrt und keine Privatfahrt, wenn der Arbeitnehmer im Betätigungsfeld und im Interesses des Arbeitgebers sein eigenes Fahrzeug nutzen muss. Es liegt in der Regel eine Billigung vor, denn ein Wissenkönnen des Arbeitgebers reicht aus.
  • Bei einer solchen Betriebsfahrt darf der Arbeitnehmer nicht mit dem Risiko seiner Arbeitstätigkeit belastet werden; das ist eben das typische Unternehmerrisiko. Der Schaden ist ein Aufwand des Arbeitnehmers, den er im Interesse des Arbeitgebers hatte und er muss deswegen erstattet werden.
  • Falls es ein Mitverschulden des Arbeitnehmers gibt, kann dieses nur nach den Grundsätzen der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung berücksichtigt werden und der Arbeitnehmer ist deswegen nur beschränkt in Höhe seines Anteils am Unfallverschulden zu beteiligen. Dies gilt aber auch nur dann, wenn der Arbeitgeber von Vornherein für die Betriebsfahrten einen besonderen Risikoausgleich zahlt, netto etwa in Höhe der Kosten einer Vollkaskoversicherung.

Kommentar: Der Fall zeigt erneut, dass es sich um ein zusätzliches, schwer beherrschbares Betriebsrisiko der Arbeitgeber handelt, wenn Dienstfahrten mit dem Privat-PKW des Arbeitnehmers vorgenommen werden. Sogar der Einsatz von verkehrsuntauglichen Autos schliesst die Haftung des Arbeitgebers nicht aus! Eine ständige Kontrolle dieser Fahrzeuge durch den Arbeitgeber auf ihre Verkehrssicherheit ist wohl nicht durchführbar.

Praxistipp: Soweit die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gelegentlich oder regelmässig die Benutzung seines Privat-PKW erfordert, sollte eine zusätzliche, besonders ausgewiesene Vergütung dafür vereinbart werden. Es genügt sicherlich nicht, die steuerliche Kilometerpauschale als Ausgleich vorzusehen, sondern Messlatte sollte der Nettobetrag sein, wie ihn der Arbeitnehmer mit dem Abschluss einer Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug nachweist. Die Vereinbarung sollte auch eine regelmässige Überprüfung der Verkehrssicherheit des Fahrzeuges durch den Arbeitnehmer vorsehen. Andernfalls sollte im Arbeitsvertrag die Nutzung des eigenen PKW statt der Firmen-PKW oder öffentlicher Verkehrsmittel für Dienstfahrten ausgeschlossen werden. Benutzt der Arbeitnehmer seinen Privat-PKW dennoch abredewidrig, schliesst sich die Unfallhaftung seines Arbeitgebers zur Gänze aus.

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