Gleichbehandlung bei Gratifikationen

Ein Arbeitgeber, der nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln zusätzliche Leistungen – z.B. Sonderzahlungen zu bestimmten Anlässen – gewährt, ist an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Nimmt er eine Gruppe von Arbeitnehmern von einer solchen Leistung aus, muss dies durch sachliche Kriterien gerechtfertigt, d.h. vom Zweck der Leistung gedeckt sein. Welche Zwecke eine Leistung verfolgt, ergibt sich aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen. Z.B. deutet eine Kürzung wegen Krankheit auf eine Anwesenheitsprämie hin. Weiterhin können sowohl vergangene als auch zukünftige Betriebstreue honoriert werden. Verfolgt ein Arbeitgeber alle oder mehrere dieser Zwecke, darf er nicht solche Arbeitnehmer von der Leistung ausnehmen, die die verfolgten Ziele auch erfüllen. Will er durch eine freiwillige Sonderzahlung ein unterschiedliches Lohnniveau ausgleichen, kann dies sachlich gerechtfertigt sein. Dies ist aber nicht der Fall, wenn die Leistung auch anderen Zwecken dient und dadurch eine Kompensation nicht erreicht wird.

In einem Automobilzulieferungsbetrieb hatten etwa 400 Arbeitnehmer im Jahre 2001 einer Verlängerung der Arbeitszeit und einer Grundlohnsenkung in den Bereichen Spritzguss und Montage zugestimmt, um so einen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu leisten. Etwa 50 Arbeitnehmer hatten die Arbeitsvertragsänderung verweigert. Nachdem eine Betriebsvereinbarung über zusätzliche Leistungen ersatzlos weggefallen war, bot die Beklagte den Mitarbeitern, die die Arbeitsvertragsänderung unterschrieben hatten, eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag an, die ein Weihnachtsgeld für das Jahr 2003 und – unter Widerrufsvorbehalt – für die Folgejahre vorsah. Die Kläger, die ein solches Angebot nicht erhalten hatten, verlangten eine ebensolche Leistung.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Klagen der nicht begünstigten Arbeitnehmer stattgegeben. Die Revision der Firma vor dem Bundesarbeitsgericht blieb am 26. September 2007 erfolglos. Der von ihr beanspruchte Zweck der Leistung, die Einbußen derjenigen Arbeitnehmer auszugleichen, die einen Sanierungsbeitrag geleistet hatten, konnte auf Grund der weiteren in der Zusage enthaltenen Voraussetzungen und Bedingungen nicht erreicht werden. Deshalb wurde der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Der Senat konnte es dahinstehen lassen, ob die Arbeitgeberin nicht etwa auch gegen das Maßregelungsverbot verstoßen hatte.

Ähnliche Beiträge

Vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag „in der jeweils geltenden Fassung“

Publiziert am unter ,

Tarifverträge gelten unmittelbar und zwingend nur zwischen Mitgliedern von Tarifvertragsparteien. Ist der Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglied und der Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband, gelten die Tarifvertragsregelungen zwischen diesen Arbeitsvertragsparteien als Mindeststandard, wenn Gewerkschaft und Arbeitgeberverband einen Tarifvertrag geschlossen haben, oder der Arbeitgeber sogar selbst einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft geschlossen hat.

In vielen Betrieben wird es aber als ein Problem angesehen, wenn verschiedene Normen auf dieselben Arbeitsverhältnisse angewendet werden müssen, weil nicht alle Mitarbeiter Gewerkschaftler sind.Weiterlesen

AGG-Entwarnung

Publiziert am unter ,

Die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) am 18.08.2006 wurde überwiegend kritisch betrachtet. Der Bundestag musste verschiedene Gleichbehandlungsrichtlinien der EG in nationales Recht umsetzen. Das neue Antidiskriminierungsrecht wurde zumeist als aufgesetzt und übertrieben empfunden. Vor allem wurde eine Prozesslawine angeblicher Diskriminierungsopfer befürchtet. Nun liegen erste aussagefähige Zahlen vor.Weiterlesen