Dienstleistungsrichtlinie endgültig verabschiedet

Das Europäische Parlament hat jetzt die Dienstleistungsrichtlinie in Zweiter und letzter Lesung endgültig verabschiedet. Ziel der Richtlinie ist es, bürokratische Hindernisse zu beseitigen, den Handel mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen zu erleichtern und somit den Binnenmarkt für Dienstleistungen zu vollenden. Innerhalb von drei Jahren müssen die Mitgliedstaaten nun die Richtlinie in nationales Recht umsetzen.

Das positive Votum des EP war möglich geworden, da der Ministerrat sich in seinem Text sehr eng an den Beschluss des EP aus Erster Lesung angelehnt und dessen Änderungen weitgehend übernommen hat, etwa hinsichtlich des umstrittenen Herkunftslandsprinzips. Die Abgeordneten sahen daher keine Notwendigkeit, den Ratstext substanziell zu ändern. Die drei heute vorgenommen technischen Änderungen wurden sowohl vom Ministerrat als auch der EU-Kommission akzeptiert.

Nachfolgend finden Sie eine kurze Darstellung einiger der zentralen Punkte der Dienstleistungsrichtlinie:

Gegenstand (Artikel 1)

Die Richtlinie enthält Bestimmungen, die – bei gleichzeitiger Gewährleistung einer hohen Qualität der Dienstleistungen – die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit durch Dienstleistungserbringer sowie den freien Dienstleistungsverkehr erleichtern sollen.

Die Richtlinie betrifft weder die Liberalisierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die öffentlichen oder privaten Einrichtungen vorbehalten sind, noch die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, die Dienstleistungen erbringen.

Auch berührt die Richtlinie nicht das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, welche Leistungen sie als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erachten, wie diese Dienstleistungen organisiert und finanziert werden und welchen spezifischen Verpflichtungen sie unterliegen sollten.

Darüber hinaus betrifft die Richtlinie weder Maßnahmen zu Schutz und Förderung der kulturellen oder sprachlichen Vielfalt oder des Medienpluralismus noch das Straf- oder Arbeitsrecht oder das Recht, Tarifverträge auszuhandeln, abzuschließen und durchzusetzen sowie Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie formuliert in diesem Zusammenhang, dass die Richtlinie weder Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen wie Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, bezahlten Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze, Gesundheitsschutz, Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz noch Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit berührt.

Anwendungsbereich (Artikel 2)

Die Richtlinie gilt für Dienstleistungen, die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden. Sie gilt nur für Dienstleistungen, die für eine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht werden.

Zu den unter die Richtlinie fallenden Dienstleistungen gehören u.a. Dienstleistungen wie Unternehmensberatung, Zertifizierungs- und Prüfungstätigkeiten, Anlagenverwaltung einschließlich Unterhaltung von Büroräumen, Werbung, Personalagenturen und die Dienste von Handelsvertretern.

Darüber hinaus etwa Rechts- oder Steuerberatung, Dienstleistungen des Immobilienwesens, wie die Tätigkeit der Immobilienmakler, Dienstleistungen des Baugewerbes einschließlich Dienstleistungen von Architekten, Handel, die Veranstaltung von Messen, die Vermietung von Kraftfahrzeugen und Dienste von Reisebüros.

Hinzu kommen Verbraucherdienstleistungen, beispielsweise im Bereich des Fremdenverkehrs, einschließlich Leistungen von Fremdenführern, Dienstleistungen im Freizeitbereich, Sportzentren und Freizeitparks, und, sofern sie nicht aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind, Unterstützungsdienste im Haushalt wie etwa Hilfeleistungen für ältere Menschen.

Ausnahmen

Auf folgende Tätigkeiten findet die Richtlinie keine Anwendung:

  • nicht-wirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse
  • Finanzdienstleistungen wie Bankdienstleistungen und Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung und Rückversicherung, betrieblicher oder individueller Altersversorgung, Wertpapieren, Geldanlagen, Zahlungen, Anlageberatung
  • Dienstleistungen und Netze der elektronischen Kommunikation
  • Verkehrsdienstleistungen einschließlich Hafendienste
  • Dienstleistungen von Leiharbeitsagenturen
  • Gesundheitsdienstleistungen, unabhängig davon, ob sie durch Einrichtungen der Gesundheitsversorgung erbracht werden, und unabhängig davon, wie sie auf nationaler Ebene organisiert und finanziert sind, und ob es sich um öffentliche oder private Dienstleistungen handelt;
  • audiovisuelle Dienste, auch im Kino- und Filmbereich, ungeachtet der Art ihrer Herstellung, Verbreitung und Ausstrahlung, sowie Rundfunk
  • Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten
  • Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind
  • soziale Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung und der Unterstützung von Familien und dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Personen, die vom Staat, durch von ihm beauftragte Dienstleistungserbringer oder durch von ihm als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen erbracht werden
  • private Sicherheitsdienste
  • Tätigkeiten von Notaren und Gerichtsvollziehern, die durch staatliche Stellen bestellt werden.
  • Steuern.

Darüber hinaus sind von der Dienstleistungsfreiheit (Artikel 16, siehe unten) folgende Bereiche ausgenommen:

  • Postsektor
  • Elektrizitätssektor
  • Gassektor
  • Dienste der Wasserverteilung und -versorgung sowie der Abwasserbewirtschaftung;
  • Dienste der Abfallbewirtschaftung;
  • Angelegenheiten, die unter die Entsende-Richtlinie fallen (Artikel 17). Diese sieht vor, dass die Dienstleistungserbringer die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Mitgliedstaates, in dem sie tätig sind, einhalten müssen. Dabei handelt es sich um folgende Bereiche: Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten, bezahlter Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze, die Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere Schutz der von Leiharbeitsunternehmen zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte, Gesundheitsschutz, Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz, Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Schwangeren und Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen, Gleichbehandlung von Männern und Frauen sowie andere Nichtdiskriminierungsbestimmungen. (Quelle: Pressedienst des EP)

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