Freistellung und Urlaubsanrechnung

„Wir stellen Sie unwiderruflich unter Anrechnung Ihres Urlaubes frei.“ Geht das?

Der Fall:

Arbeitnehmer und Arbeitgeberin hatten sich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2009 geeinigt. Mit Schreiben vom 30.06.2009 erklärte sodann die Arbeitgeberin:

„Hiermit stelle ich Sie ab 01.07.2009 unwiderruflich von Ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche werden von Ihnen in der Zeit der unwiderruflichen Freistellung in Natur eingebracht.“

Der Arbeitnehmer machte gerichtlich Urlaubsabgeltung für restliche 17 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 geltend. Er vertrat die Ansicht, dass die Freistellung insofern unwirksam sei. Er habe seine restlichen Urlaubsansprüche mit Urlaubsantrag vom 12.05.2009, Juni 2009 sowie Juli 2009 geltend gemacht.

Die Entscheidung:

Der Arbeitnehmer unterlag in allen drei Instanzen. Immerhin führte er den Rechtsstreit bis zum Bundesarbeitsgericht. Dessen 9. Senat meinte zu dem Fall abschliessend:

Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird. Diese Voraussetzungen erfüllte die Freistellungserklärung der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 30. Juni 2009. Danach stellte sie den Angestellten ab dem 1. Juli 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche sollten in dieser Zeit in Natur eingebracht werden.

Der Erfüllungswirkung wegen der 17 Urlaubstage stehe nicht entgegen, dass die Freistellungserklärung nicht erkennen lässt, an welchen Tagen die Firma den Arbeitnehmer zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken freistellte.

Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen. Eine zeitliche Festlegung des – im Voraus erteilten – Urlaubszeitraums sei deshalb regelmäßig nicht notwendig. Dieses ihm eingeräumte Recht des Arbeitnehmers zur Festlegung des Urlaubszeitraums lässt sich der Freistellungserklärung der Firma entnehmen. Danach sollten noch bestehende Resturlaubsansprüche vom Arbeitnehmer im Freistellungszeitraum in Natur eingebracht werden.

Der Arbeitnehmer rügte zu Unrecht, er habe schon mit dem Urlaubsantrag vom 12. Mai 2009, mit der Urlaubsaufstellung vom 30. Juni 2009 sowie mit Schreiben vom 1. Juli 2009 seine restlichen Urlaubsansprüche unter „Beantragung der Urlaubstermine“ geltend gemacht. Er trug hierzu nämlich nicht vor, dass er damit abweichende Urlaubswünsche geäußert habe.

Es kam für die Entscheidung über Urlaubsabgeltung auch nicht darauf an, ob die Firma den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung überhaupt freistellen durfte. Eine rechtswidrige Freistellung hätte lediglich zur Folge gehabt, dass der Arbeitnehmer weiterhin einen Beschäftigungsanspruch hätte geltend machen können. Lohnansprüche wären nicht entstanden, denn die Arbeitgeberin brachte mit der Freistellung zum Ausdruck, dass sie auch ohne Arbeitsleistung die monatlichen Vergütungsansprüche erfüllen werde.

Bundesarbeitsgericht 16.07.2013; 9 AZR 50/12

 

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